Als Beutetiere sind Kaninchen besonders geübt darin, Schmerzen und Erkrankungen zu verbergen. Denn in freier Wildbahn kann den Langohren ein Anzeichen von Schwäche schnell zum Verhängnis werden, indem diese Fressfeinden zum Opfer fallen. Da Symptome häufig erst im fortgeschrittenen Stadium erkennbar sind, ist je nach Erkrankung und körperlicher Verfassung schnelles Handeln und eine gute erste Hilfe für die Kaninchen gefragt.
Erste Hilfe für Kaninchen bei akuten Notfällen
Ein akuter Notfall kommt unabhängig von einer Erkrankung vor, es handelt sich beispeilsweise um einen Hitzschlag, Atemnot, eine Vergiftung oder eine blutende Wunde. Hierbei gilt es, das Kaninchen rasch zu behandeln und den Auslöser zu beheben. Eine schnelle erste Hilfe für das Kaninchen ist notwendig.
Hitzschlag

Kaninchen können nicht schwitzen, weshalb heiße Sommertage eine besondere Herausforderung für Ihre Langohren darstellen. Sind keine Schattenplätze oder kühle Rückzugsmöglichkeiten vorhanden, kann es bereits bei Temperaturen von über 25 Grad Celsius zu einem Hitzschlag kommen. Die Wohlfühltemperatur von Kaninchen liegt bei etwa 18 Grad Celsius.
Reagiert das Kaninchen apathisch, atmet flach und angestrengt, spricht dies bei entsprechenden Temperaturen mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen Hitzschlag. Im weiteren Verlauf sind ein Schock, Zittern und Krämpfe möglich.
Achtung!
Bei einem Hitzschlag besteht für Kaninchen akute Lebensgefahr!

Sofern der Verdacht für einen Hitzschlag besteht, sollten Sie Ihr Langohr sofort an einem kühleren Ort unterbringen. Durch das Auflegen von nassen, nicht eiskalten, Tüchern lässt sich das Kaninchen kühlen. Sobald die Körpertemperatur etwas gesunken ist, sollten Sie direkt einen kaninchenerfahrenen Tierarzt aufsuchen. Vermeiden Sie dabei Autofahrten bei heißen Temperaturen und kühlen Sie Ihr Langohr auch während des Transportweges.
Atemnot
Kaninchen atmen im Alltag ausschließlich durch die Nase. Die sogenannte Maulatmung wird lediglich in akuten Notfällen eingesetzt. Grundsätzlich können verschiedene Ursachen zu einer Atemnot führen, die jedoch immer ernst genommen werden sollte. Zu den häufigsten Ursachen zählen:
- Erkrankungen der Atemwege
- Kaninchenschnupfen
- Herzerkrankungen
- Tumorerkrankungen
- Schmerzen
- Schock
Akute Atemnot zeigt sich an der bereits erwähnten Maulatmung sowie dadurch, dass die Nasenflügel aufgebläht sind. Eine verminderte Sauerstoffversorgung kann die Maulschleimhaut unter Umständen bläulich färben.

Atemnot erweist sich immer als akuter Notfall, sodass unbedingt ein Tierarzt aufzusuchen ist. Dieser wird das Kaninchen zunächst mit Sauerstoff versorgen und kreislaufstabilisierende Medikamente verabreichen. Wichtig ist, dass die Ursache ausfindig gemacht und behoben wird. Zudem ist Stress unbedingt zu vermeiden, da Langohren hierauf besonders empfindlich reagieren.
Blutende Wunde
Stark blutende Wunden begünstigen bei Kaninchen einen Schock oder gar Kreislaufversagen. Um einen enormen Blutverlust zu vermeiden, kann es erforderlich sein, die Wunde von Hand mit Handschuhen abzudrücken.

Anschließend sollte das Gefäß in der Wunde mit sauberem Verbandsmaterial abgedrückt werden, um eine gute erste Hilfe für das Kaninchen zu leisten.
Wie beim menschlichen Druckverband bietet es sich an, die blutende Wunde einmal mit einer elastischen Binde zu umwickeln. Geben Sie eine Mullbinde oder ein mehrfach gefaltetes Tuch als Druckkörper auf die verletzte Stelle. Hierfür bietet sich die restliche Mullbinde durchaus an.
Wichtig!
Sofern sich ein Fremdkörper in der Wunde befindet, ist dieser keinesfalls zu entfernen. Nach Möglichkeit ist die verletzte Region in einer erhöhten Position zu lagern.
Blutende Kralle

Beim Krallen schneiden ist es schnell passiert, dass eine Kralle ausreißt oder die Stelle zu bluten beginnt. Dies sorgt auf den ersten Blick meist für einen Schreck, ist aber recht ungefährlich. Wirken Sie auf das Kaninchen beruhigend ein, denn ohne Stress hört die Blutung meist schnell von allein auf.
Bevor Sie Ihr Langohr zurück in das Gehege setzen, ist die Stelle mit einem herkömmlichen Wunddesinfektionsspray zu versorgen. Alternativ kommt auch blutstillende Watte infrage, welche ein bis zwei Minuten auf die Kralle gedrückt wird, bis das Blut gerinnt.
Krampfanfall
Bei einem Krampfanfall ist es zunächst wichtig, für eine sichere Umgebung zu sorgen. Hierfür bieten sich beispielsweise Kissen und Decken als Polster an. Vorhandene Gegenstände sind nach Möglichkeit aus der Umgebung des Kaninchens zu entfernen.
Versuchen Sie, durch leichtes Streicheln beruhigend auf Ihr Langohr einzuwirken. Zusätzlich kann es sich als hilfreich erweisen, den Raum abzudunkeln und eine Decke über dem Kaninchen auszubreiten.
Notieren Sie sich unbedingt die Dauer des Krampfanfalls und messen Sie direkt im Anschluss die Körpertemperatur des Tieres. Sofern es sich um Untertemperatur handelt, sollten Sie Ihr Langohr unbedingt aufwärmen.

Wichtig!
Bei einem Krampfanfall, der länger als fünf Minuten andauert, ist unbedingt ein Tierarzt aufzusuchen.
Insektenstich
Am häufigsten verursachen Bienen, Wespen und Hummeln Insektenstiche bei Kaninchen. Bei Bienenstichen ist es unbedingt notwendig, den Stachel sofort mit einer Pinzette zu entfernen. Schwellungen sind direkt intensiv zu kühlen. Hierfür eignen sich kühles Wasser, ein Eispack oder andere Lebensmittel aus der Gefriertruhe. Um Erfrierungen zu vermeiden, sind gefrorene Gegenstände vorab mit einem Handtuch zu umwickeln.
Unser Tipp!
Es besteht die Möglichkeit, mit einer halbierten Zwiebel auf den Insektenstich zu drücken.
Erste Hilfe für Kaninchen bei Vergiftung

Ist die Giftquelle bekannt, sollten Sie Ihr Kaninchen zunächst davon entfernen. Bei verpackten Inhalten ist es vorteilhaft, die Verpackung mit der genauen Bezeichnung bzw. die ganze Pflanze bzw. das was noch davon übrig ist, dem behandelnden Tierarzt zu überreichen. Dadurch wird eine sofortige zielgerichtete Behandlung ermöglicht.
Wurde kontaminiertes Futter verzehrt, sollten Sie wenn möglich die ungefähr gefressene Menge schätzen und notieren. Sofern sich Rückstände am Tier befinden, sind diese mit etwas lauwarmem Wasser zu entfernen, um eine weitere Aufnahme zu vermeiden. Um verzehrte Gifte zu verdünnen, ist während der Fahrt reichlich Grün- und Frischfutter anzubieten.
Als eine weitere Sofortmaßnahme erweist sich Aktivkohle. Diese wird entsprechend des Körpergewichts mit Wasser verdünnt und über den Mund verabreicht.
Zeckenbiss

Um das Risiko für Borreliose zu minimieren, sollten Zecken schnellstmöglich entfernt werden. Keinesfalls sollten Sie etwas auf die Zecke auftragen oder diese gar drehen. Stattdessen gilt es, die Zecke so nah wie möglich an der Haut zu packen und durch starken Zug zu entfernen. Spezielle Zeckenkarten können sich als praktische Helfer erweisen.
Wichtig ist es, den Körper der Zecke zu entfernen. Bleibt der Kopf zurück, ist dies zunächst nicht allzu schlimm. Dadurch können jedoch lokale Entzündungen entstehen.
Erste Hilfe bei Erkrankungen
Erkrankungen können bei Kaninchen ebenfalls einen Notfall hervorrufen. Die folgenden beiden Krankheiten sind bei Langohren recht häufig anzutreffen:
Fliegenmadenbefall

Ein Befall mit Gold- oder Schmeißfliegen kommt vorrangig während der Sommermonate vor. Dabei werden die Eier in Wunden oder auf der Haut von Kaninchen abgelegt. Die Eiablage erfolgt bevorzugt auf kontaminiertem Fell wie beispielsweise in der Afterregion und dem Genitalbereich. Besonders günstig stehen die Voraussetzungen für einen Fliegenmadenbefall dann, wenn sich das Tier nicht gründlich putzen kann. Auch Durchfall erhöht das Risiko für einen solchen Befall.
Die schlüpfenden Maden ernähren sich schließlich von abgestorbenen Hautzellen und Gewebe von Kaninchen. Dies führt zu Verletzungen der Haut, welche zunächst noch von Fell bedeckt sind. Ein massiver Befall macht sich durch kleine, weiße Maden bemerkbar, welche sich in einer Vielzahl an einer oder mehreren Stellen im Fell ansiedeln. Die Folge sind nässende Entzündungen.
Zwar lassen sich Maden von Hand mit einer Pinzette absammeln, eine medikamentöse Behandlung durch den Tierarzt ist aber dennoch unerlässlich. Mit Medikamenten lassen sich die Maden vollständig abtöten. Zusätzlich wird das Fell meist geschoren. Ob eine weitere Behandlung mit Schmerzmitteln oder Infusionen erfolgt, orientiert sich am Zustand des Tieres sowie am Ausmaß des Befalls.
Um einem erneuten Befall vorzubeugen, ist es unerlässlich, die Ursache ausfindig zu machen und zu beheben.
Magenerweiterung (Magendilatation)

Nimmt Ihr Kaninchen weniger Futter zu sich als gewohnt oder verweigert dieses die Nahrungsaufnahme vollständig, liegt womöglich eine Magenerweiterung vor. Hierbei ist die Funktion des Verdauungstrakts beeinträchtigt, sodass der Magen- und Darminhalt nicht wie gewohnt transportiert werden kann. Dies ist oftmals mit einem Verschluss im oberen Abschnitt des Dünndarms zu begründen, zu welchem es infolge verschluckter Haare oder anderen Fremdkörpern kommen kann. Schlimmstenfalls kommt der Weitertransport des Nahrungsbreis vollständig zum Erliegen, sodass eine Entleerung des Magens nicht mehr möglich ist.
Selbst wenn das Kaninchen keine weitere Nahrung mehr zu sich nimmt, dehnt sich der Magen durch das Abschlucken von Speichel, Gasbildung oder die Produktion von Verdauungssäften weiter aus. Eine solche Ausdehnung ist für das Kaninchen mit Schmerzen verbunden, was zu einem Durchbruch des Magens führen kann. Hinzu kommt, dass Kaninchen nicht erbrechen können, was die Situation zusätzlich verschärft.
Neben einer verminderten Nahrungsaufnahme deuten folgende Symptome eine Magenerweiterung an:
- Zähneknirschen
- Teilnahmslosigkeit
- Blasse Schleimhäute
- Untertemperatur
- Großer praller Bauch
Bei einer Magenerweiterung besteht für Kaninchen akute Lebensgefahr. Somit ist es unerlässlich, einen kaninchenerfahrenen Tierarzt aufzusuchen. Dieser wird den Kreislauf des Tieres stabilisieren sowie den Magen entlasten. Zudem werden in aller Regeln Medikamente verabreicht, welche den Weitertransport des Nahrungsbreis fördern sollen. In extremen Fällen kann ein operativer Eingriff erforderlich sein. Die Prognose orientiert sich letztendlich an der jeweiligen Ursache.