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Das Foto zeigt ein Kaninchen in einem Quarantänekäfig

Kastration beim Kaninchen

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In freier Natur fallen zahlreiche Kaninchen Beutetieren zum Opfer, weshalb sich deren extreme Fruchtbarkeit positiv auf die Erhaltung des Fortbestandes auswirkt. Dieses Fortpflanzungsverhalten stellt im Rahmen der Heimtierhaltung allerdings ein ernst zu nehmendes Problem dar. Denn theoretisch sind pro Jahr mehrere Würfe mit jeweils bis zu zehn Jungen möglich. Da der Paarungstrieb zudem Konflikte innerhalb der Kaninchengruppe begünstigt, gilt eine Kastration bei Kaninchen als unumgänglicher Kompromiss für eine artgerechte Haltung. Alles was Sie zum Thema Kastration bei Kaninchen wissen sollten, erfahren Sie hier.

Die Kastration – darauf sollten Sie vor, während und nach der OP achten

Bevor eine Kastration durchgeführt werden kann, ist das Kaninchen zunächst eingehend durch einen kaninchenerfahrenen Tierarzt zu untersuchen. Hierzu gehört eine gründliche Untersuchung von Herz und Lunge. Zudem sollte das Kaninchen ein stabiles Immunsystem besitzen. Nach Vereinbarung eines OP-Termins schließen sich diese Phasen an:

1.   Wenige Tage bis unmittelbar vor der Operation

Ein paar Tage bevor die Operation ansteht, sollten Sie auf die Gabe von Frischfutter wie Salat und Kohlsorten verzichten, da deren gährende Eigenschaften unter Umständen die Entstehung von Blähungen begünstigen.

Stattdessen sind reichlich Wiesengrün, Heu, Möhren und Kräuter zu bevorzugen. Am Tag der OP empfiehlt sich ebenfalls die Gabe von leichter Koste wie Äpfel, Heu, Karotte oder Fenchel.

Das Foto zeigt ein Kaninchen mit Fenchelgrün

Wichtig!

Kaninchen sind keinesfalls nüchtern zu operieren, da eine Unterbrechung der Nahrungszufuhr zum Zusammenbruch des Kreislaufsystems führen kann.

2.   Die Operationsvorbereitung

Bevor die Operation beginnt, hört der Tierarzt erneut Herz und Lunge des Tieres ab. Anschließend wird das Betäubungsmittel verabreicht. Dies erfolgt entweder in Form einer Spritze oder als Inhalation. Die entsprechenden Körperstellen werden nun rasiert und gesäubert.

3.   Die Operation

Die Entfernung der Hoden erweist sich als recht unkompliziert. Die umliegenden Hautschichten werden geöffnet, die Hoden entfernt und die Wunde anschließend verschlossen.

Bei Weibchen gestaltet sich der Eingriff als umfassender, da die Bauchdecke zunächst geöffnet werden muss. Danach werden mehrere Gefäße abgebunden und die Eierstöcke entfernt. In Absprache des Tierarztes wird unter Umständen auch die Gebärmutter entfernt.

Anschließend wird die Hautwunde wieder vernäht. Um den Schmerz zu lindern verabreicht der Tierarzt Schmerzmittel und gegebenenfalls Antibiotika.

Wichtig!

Eine gängige Kennzeichnung von kastrierten Kaninchen ist die Tätowierung des Buchstabens „K“ in einem der beiden Ohren.

Das Foto zeigt ein tätowiertes K im Ohr eines Kaninchens

4.   Aufwachphase

Im Anschluss an die Operation dauert es meist noch eine Weile, bis das Tier aus der Narkose erwacht. Da es beim Aufwachen gelegentlich noch zu Komplikationen kommen kann, sollte das Kaninchen unbedingt so lange in der Tierarztpraxis verbleiben, bis dieses wieder vollständig ansprechbar ist. Auf diese Weise ist bei Bedarf eine schnelle Behandlung durch den Tierarzt sichergestellt.

Unser Tipp!

Während der Aufwachphase sollte dem Kaninchen eine Wärmequelle wie beispielsweise eine Wärmelampe angeboten werden, bis dieses seine Körpertemperatur wieder selbstständig aufrechterhalten kann.

Das Foto zeigt einen Käfig mit Wärmelampe

5.   Quarantäne und Nachsorge

Ist das Kaninchen wieder in seinem vertrauten Umfeld, benötigt das Tier zunächst noch eine ruhige und saubere Umgebung. Um die Wundheilung zu unterstützen, sollte sich das Langohr zunächst nur eingeschränkt bewegen.

Um die Wunde sauber zu halten und einer Infektion vorzubeugen sollte sich keine Einstreu im Gehege befinden. Die Toilette kann vorübergehend mit Küchentüchern ausgelegt werden. Für das Gehege selbst kommt eine Polsterung mit Handtüchern infrage.

Da sich in den Samenleitern ausgewachsener Männchen noch immer Spermien befinden können, sollten Sie Ihr Langohr rund sechs Wochen von den anderen Tieren fernhalten. Bei einer Vergesellschaftung mit anderen Männchen empfiehlt sich die Einhaltung einer Quarantänezeit von etwa zwei Wochen. Bis dahin hat sich der Hormonspiegel für gewöhnlich eingependelt.

Bieten Sie Ihrem Kaninchen eine breite Palette an Lieblingsleckereien an, um die Nahrungsaufnahme zu erleichtern. Hierzu gehört auch, dass das Tier möglichst reichlich trinkt. Nimmt das Kaninchen etwa acht Stunden nach der Operation selbstständig noch immer keine Nahrung zu sich, sollten Sie Ihr Langohr nach Absprache des Tierarztes päppeln.

Das Foto zeigt ein Kaninchen im Quarantänekäfig

Unser Tipp!

Sofern die Kastration im Winter erfolgt, empfiehlt es sich, das Langohr trotz winterfestem Stall für einige Zeit im warmen Haus zu beherbergen.

Wichtig!

Neigt das Kaninchen dazu, die Wunde abzulecken, sollten Sie dennoch von der Verwendung einer Halskrause absehen. Denn diese verhindert die Aufnahme des Blinddarmkots. Als Alternative erweist sich ein eng anliegender Body aus dem Fachhandel.

6.   Abschlussuntersuchung durch den Tierarzt

Sofern sich die Fäden nicht selbstständig auflösen, sind diese nach etwa zehn Tagen durch den Tierarzt zu entfernen. Die Wundheilung sowie der Gesundheitszustand des Kaninchens werden ebenfalls abschließend untersucht.

Wichtig!

Der Tierarzt ist sofort aufzusuchen, wenn sich die Wunde entzündet, blutet oder sich das Kaninchen schlapp fühlt.

Kaninchen kastrieren oder sterilisieren?

Häufig wird angenommen, dass Männchen kastriert und Weibchen sterilisiert werden. Allerdings handelt es sich hierbei um jeweils verschiedene Eingriffe, sodass eine Kastration unabhängig vom Geschlecht des Langohrs vorgenommen wird.

Kastration

Die Keimdrüsen werden vollständig entfernt. Beim Rammler sind dies die Hoden und beim Weibchen die Eierstöcke sowie unter Umständen auch die Gebärmutter. Durch eine Kastration werden Kaninchen unfruchtbar. Die Hormonproduktion wird zudem unterbunden.

Sterilisation

Die Keimdrüsen bleiben erhalten. Die Samen- bzw. Eileiter werden lediglich durchtrennt. Die Kaninchen werden dadurch zwar unfruchtbar, die Hormone werden jedoch weiterhin produziert. Da die Samenleiter häufig wieder zusammenwachsen, ist von einer Sterilisation bei Kaninchen eher abzuraten. In der Praxis kommt diese nur äußerst selten vor.

Das Foto zeigt ein Kaninchen in Einzelhaltung

Vor- und Nachteile einer Kastration beim Kaninchen

Wie bei jedem operativen Eingriff ist auch eine Kastration mit gewissen Risiken für Ihre Langohren verbunden. Anders als bei Katzen und Hunden ist die Gefahr für mögliche Komplikationen bei Kaninchen höher. Bevor Sie sich für eine Kastration Ihres Langohrs entscheiden, sollten Sie die einzelnen Vor- und Nachteile gegenseitig abwägen:

Vorteile:

  • Unkontrollierte Vermehrung wird verhindert
  • Vorbeugung verschiedener Erkrankungen wie Zysten an den Eierstöcken und Tumoren wie Hodenkrebs
  • Stressfreies Zusammenleben in der Kaninchengruppe
  • Erleichtert Sauberkeitserziehung vor allem bei Männchen, Urinspritzen wird behoben

Nachteile:

  • Narkoserisiko
  • Risiko für innere Blutungen
  • evtl. Nahtreaktion auf verwendete Materialien
  • Risiko für Infektionen / Entzündungen
  • evtl. Fettleibigkeit oder Hormonstörungen

Männchen oder Weibchen – welche Kaninchen sollten Sie kastrieren?

Während eine Kastration bei Männchen lediglich rund 45 Minuten dauert, erweist sich der Eingriff bei Weibchen als deutlich aufwändiger. Dies ist damit zu begründen, dass bei Weibchen die Bauchdecke geöffnet werden muss. Deshalb ist eine Kastration bei Weibchen lediglich bei einer medizinischen Notwendigkeit zu empfehlen.

Eine Haltung von unkastrierten Rammlern und kastrierten Weibchen ist in der Praxis nicht möglich, da das Weibchen vom Fortpflanzungsdran des Männchens zunehmend in Bedrängnis geraten würde. Das Zusammenleben von kastrierten Männchen und unkastrierten Weibchen ist hingegen problemlos möglich. Auch die Vergesellschaftung zweier kastrierter Männchen stellt keine Schwierigkeiten dar. Zwei unkastrierte Rammler harmonieren wiederum nicht.

Das Foto zegt zwei Kaninchen, die in einer Bank nebeneinander sitzen

Wie wirkt sich eine Kastration auf das Verhalten von Kaninchen aus?

Der Charakter von Kaninchen bleibt von einer Kastration vollkommen unberührt. Dieser Eingriff nimmt lediglich einen Einfluss auf das Verhalten der Langohren.

Unkastrierte Männchen neigen dazu, ihr Revier durch aggressives Verhalten zu verteidigen, sodass bereits kleine Auslöser in einem Kampf enden können. Ein solcher Kampf führt schlimmstenfalls zu schweren Verletzungen bis hin zum Tod einzelner Tiere. Infolge einer Kastration werden Kaninchen allerdings ruhiger und ausgeglichener, wodurch die Haltung auf begrenzter Fläche problemlos gelingt.

Selbst wenn Nachwuchs erwünscht ist, gelingt die Haltung von potenten Männchen und Weibchen nicht auf Dauer. Denn mit der Zeit würde der Rammler das Weibchen zu stark bedrängen, was eine enorme Stressbelastung für das Tier bedeuten würde.

Des Weiteren verringert eine Kastration das Bedürfnis, dass Kaninchen ihr Revier mit Urin markieren. Dadurch gestaltet sich vor allem die Freie Wohnungshaltung als angenehmer.

Früh- oder Spätkastration – wo liegt der Unterschied?

Haben Sie sich für die Kastration Ihres Kaninchens entscheiden, stellt sich zunächst die Frage, wann genau diese erfolgen sollte. Bei männlichen Kaninchen ist zunächst zwischen Früh- und Spätkastration zu unterscheiden.

Frühkastration

Der Eingriff erfolgt noch vor der Geschlechtsreife. Die Anatomie des Männchens ist noch sehr klein, was eine besonders vorsichtige Vorgehensweise voraussetzt. Da das Männchen noch nie geschlechtsreif war, ist nach der Operation keine Quarantäne notwendig.

Eine Frühkastration wird grundsätzlich besser vertragen. Der ideale Zeitpunkt liegt zwischen der 8. und 12. Lebenswoche. Kleine Rassen sind gelegentlich frühreif. Mit einer Frühkastration lässt sich ungewolltem Nachwuchs gezielt vorbeugen. Bei Zwergkaninchen erfolgt eine Frühkastration meist im Alter von rund 12 Wochen.

Spätkastration

Der Eingriff wird erst nach der Geschlechtsreife des Kaninchens durchgeführt. Eine Spätkastration kann grundsätzlich bis in das hohe Alter vorgenommen werden, sofern das Tier körperlich gesund ist.

Bei dominanten Kaninchen kann sich das veränderte Verhalten infolge der Kastration unter Umständen negativ auf die bisherige Rangordnung auswirken. Schlimmstenfalls ist ein Rangordnungsverlust denkbar. Die Quarantänezeit im Anschluss an die OP beläuft sich auf etwa sechs Wochen.

Das Foto zeigt ein Kaninchen in einer Transportbox mit Wärmflasche